28. Juli 2021 / Historisches Bad Driburg

Als Ellen MEYER verschleppt und ermordet wurde

Ein Beitrag zur Bad Driburger Stadtgeschichte

Als Ellen MEYER verschleppt und ermordet wurde

Am 28. Juli jährt sich zum 79sten Mal die Deportation der 13-jährigen Bad Driburger Schülerin Ellen MEYER in das Ghetto Theresienstadt. Gemeinsam mit ihrer Schwester Irene, ihren Eltern Henriette und Julius, ihren Großeltern Lehmann und Sara MÜLLER sowie weiteren fünf Bad Driburgern musste sie an diesem Dienstag aufgrund einer "Evakuierungsverfügung" und unter polizeilicher Aufsicht den Zug vom Bad Driburger Bahnhof nach Altenbeken besteigen. Abfahrt war um 10.11 Uhr. Zwischenziel war das Sammellager „Kyffhäuser“ am Kesselbrink in Bielefeld. Von dort ging es am 31. Juli 1942 per Sammelzug gemeinsam mit insgesamt 925 jüdischen Mitbürgern aus Ostwestfalen nach Theresienstadt. Für Ellen war es eine Reise ohne Wiederkehr. Zurück blieben die Erinnerungen an eine zunächst glückliche Kindheit. Ein Koffer mit dem Nötigsten, etwas Reiseproviant und eine Wolldecke war alles, was man mitnehmen durfte.

Hintergrund war die seit etwa 1941 vom nationalsozialistischen Reichssicherheitshauptamt in Berlin organisierte Massendeportation in verschiedene Ghettos oder direkt in die Vernichtungslager. Nach Theresienstadt wurden zwischen 1942 und 1944 aus dem gesamten Reichgebiet 141.184 jüdische Mitbürger verschleppt, davon starben im Ghetto schon allein etwa 33.000, weitere 88.000 wurden bis 1944 in die Vernichtungslager, insbesondere Auschwitz, deportiert und dort ermordet.

Ellen MEYER wurde am 27. April 1929 geboren. Mit ihrer Familie wohnte sie jahrelang in der Schulstraße gegenüber der Synagoge. Sie besuchte zunächst die Katholische Volksschule. Ab 1939 wurde im gesamten Deutschen Reich der Schulbesuch jüdischer Kinder in öffentlichen Schulen verboten. Daher musste Ellen ab 1940 die nächstgelegene jüdische Schule in Detmold besuchen. Dort war sie mit anderen Mitschülern in einer Pension bei Paula Paradies untergebracht. Im März 1942 mussten schließlich alle jüdischen Schulen im Reich schließen.

Im Ghetto Theresienstadt waren die Lebens- und Wohnverhältnisse sehr schlecht. Meist teilten sich mehrere Familien eine Wohnung. Lebensmittel waren rationiert. Eine medizinische Versorgung war so gut wie nicht vorhanden. Darunter litten insbesondere Alte, Kranke und Kinder. Aufgrund dieser Umstände verstarben dort von den aus Bad Driburg deportierten Mitbürgern Laura TREPP, Berta MAY, Ellens Großvater Lehmann MÜLLER, Moses und Philippine SCHIFF.

Ellen, Schwester Irene, Mutter Henriette, Vater Julius und Siegfried MAY wurden am 09. Oktober 1944 von den Nationalsozialisten „planmäßig“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Bei der Ankunft am 10. Oktober 1944 wurde Schwester Irene zur Zwangsarbeit eingeteilt. Alle anderen wurden unmittelbar zu den Gaskammern verbracht und dort ermordet. Irene wurde am 15. April 1945 von den Alliierten befreit, verstarb aber ein Jahr später an den Folgen von Unterernährung und Typhus in einem schwedischen Sanatorium. Einzige Überlebende des Holocaust aller am 28. Juli 1942 deportierten Juden war Ellens Großmutter Sara MÜLLER. Sie wurde einem glücklichen Umstand zur Folge im Februar 1945 freigekauft und konnte in die Schweiz emigrieren. Dort verstarb sie 1948.

Karl BRINKMÖLLER, mittlerweile verstorbener Zeitzeuge, hat sich jahrelang um das Erinnern an das Schicksal der Bad Driburger Juden eingesetzt. Er sagte einmal: "Sie lebten unter uns. Sie sollten nicht vergessen werden.“

Autor: Andreas Amstutz 

Quellen:

•Arolsen Archives, International Center on Nazi Persecution, Internet: www.arolsen-archives.org

•Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, marixverlag, Gottwaldt/Schulte; ISBN9783865390592

•Institut Terezinské iniciativy, www.holocaust.cz

•Yad Vashem, Online-Datenbank der Internationales Holocaust Gedenkstätte, Internet: www.yadvashem.org/de

•Neue Züricher Zeitung NZZ, Online-Ausgabe vom 09.02.2015

www.statistik-des-holocaust.de

•Karl Brinkmöller, Bad Driburg, privates Archiv

•Heimatverein Bad Driburg, Aus der Heimatkunde der Stadt Bad Driburg – Schriftenreihe des Heimatvereins

•Deutsche Reichsbahn, Deutsches Kursbuch 1942, www.deutsches-kursbuch.de

•Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e. V., digitales Gedenkbuch, www.gedenkbuch-detmold.de

Foto: Stadtarchiv Detmold, Ausschnitt aus Foto StA DT V 19 Nr. 176, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Lippe e. V., digitales Gedenkbuch, www.gedenkbuch-detmold.de

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