29. Januar 2022 / Dorf- & Stadtgespräch

Martina Denkner von den Grünen im Dorf- & Stadtgespräch

Wie grün und klimafreundlich ist die Stadt Bad Driburg und wie geht es weiter?

Martina Denkner von den Grünen im Dorf- & Stadtgespräch

„Wir haben heute ein paar Fragen an Frau Denkner von den Grünen zum Thema: Wie grün und klimafreundlich ist die Stadt Bad Driburg und wie geht es in eine klimafreundliche Zukunft der Kurstadt.

1. Jede Stadt setzt sich Klimaziele, die sie erreichen möchte. Wie sieht es mit den Klimazielen der Stadt Bad Driburg aus?

Martina Denkner: Die gute Nachricht vorweg: Das Abwasserwerk der Stadt arbeitet seit Jahren klimaneutral. Das ist eine gute Leistung und wurde erreicht, weil die Mitarbeitenden sich viele schlaue Wege ausgedacht haben, dieses Ziel zu erreichen: es gibt ein Blockheizkraftwerk für das Faulgas, es gibt eine PV-Anlage, es gibt den Fuhrpark mit E-Autos.

Und jetzt die schlechte Nachricht: das war es dann auch schon an CO2-Einsparungen für unsere Stadt. 

Obwohl unsere Klimaschutzmanagerin sehr engagiert arbeitet, scheint sich in der Chefetage niemand wirklich mit Ernst und Elan an das Thema zu wagen.

Es werden zwar immer wieder schöne Projekte vorgestellt (Autonomes Fahren zum Beispiel), aber die Umsetzung ist einfach viel zu zäh.

2. Grünflächen in den Innenstädten sind nicht nur für das Klima wichtig, sondern werten auch die Lebensqualität auf. Hat Bad Driburg genug Grünflächen in der Innenstadt und wie sehen sie den Baumbestand auf den städtischen Flächen?

Martina Denkner: Bad Driburg hat ganz bestimmt nicht genug öffentliche Grünflächen in der Stadt. Ich sage ausdrücklich „öffentliche“, denn der Kurpark ist ja kostenpflichtig.

Der Baumbestand in der Stadt ist schon lange unser Thema! Vor Jahren hatte die Stadt auf unsere Anregung hin einen „Baumausschuss“ gebildet, der sich fachkundig mit diesem Thema befasst hat. Wir konnten damals einen Mitbürger gewinnen, der Professor für städtisches Grün an der Uni Osnabrück war und in Bad Driburg wohnte. Nach einer Periode war dann der Ausschuss nicht mehr gewünscht. Das haben wir sehr bedauert. Und Bad Driburg hat einen sehr engagierten Mitbürger nach Niedersachsen verloren. 

Und dann sind da auch einige Projekte dazugekommen, die die ohnehin spärlich vorhandene öffentliche Grünfläche noch weiter dezimieren. Als Beispiel sei hier Bebauung des Eggelandparks genannt. Der Trend geht also eindeutig in die völlig falsche Richtung!

3. Immer wieder werden Bäume gepflanzt und nach ein paar Jahren entfernt, weil sie nicht passend gepflanzt wurden oder in jungen Jahren Schäden erlitten haben. Wird hier zu wenig auf den Standort und auf die Bedürfnisse der Bäume geachtet?

Martina Denkner: Inzwischen bemüht sich der Bauhof sehr um die städtischen Bäume – hat es aber nicht leicht! 
In den 90er Jahren wurde in der Tat viel Geld für Anpflanzungen ausgegeben, weil da reichlich Geld über Förderungen zu holen war. Da wurde dann aber manchmal einfach an den falschen Stellen gepflanzt. Oft auch ohne Sachkenntnis. Das Ergebnis: es müssen Bäume weg, weil sie in Kanäle wachsen. Oder sie gehen einfach ein, weil sie bis zum Hals eingepflastert oder einbetoniert sind. Ich erinnere einen Walnussbaum, der in Herste nicht mal einen Meter von einer Hauswand gepflanzt wurde – mit Mitteln aus den Dorferneuerungsprogrammen – das war klar, dass der arme Kerl es nicht lange machen würde. 

Und es halten sich natürlich auch alte Vorstellungen von Sauberkeit und Ordnung. Laub oder die Endprodukte von Vögeln sind nicht gern gesehen. Dabei ist jeder einzelne Baum in der Stadt wichtig!

Am schlimmsten ist aber, dass Bürger städtische Bäume einfach fällen, die Fläche dann ihrem Parkplatz zuschustern und die Stadtverwaltung tut nichts dagegen. Schlimmes Beispiel: Große Straße 12 in Reelsen!

4. Elektroautos und Fahrräder sind immer mehr im Kommen, ist Bad Driburg auf beides gut vorbereitet in Sachen Verkehrswege und Lademöglichkeiten?

Martina Denkner: Ein klares Nein! Unsere Stadt ist nicht gut vorbereitet.

Es gibt einen gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen im Rat, dass die Verwaltung doch bitte ein Konzept für schnelle Ladeinfrastruktur vorlegt. Dieser Antrag datiert vom 22. Februar 2021. Wir hatten erwartet, dass ein Konzept im Herbst 2021 vorliegt. Die Verwaltung hat aber um weitere Geduld gebeten. Das dauert aber einfach alles viel zu lange!

Teils werden selbst bei Neubauten simple Dinge wie Fahrradständer nicht mit geplant, sondern nachträglich ergänzt. Sichere Abstellmöglichkeiten für teure E-Bikes sucht man vergebens, Lademöglichkeiten für alle E-Mobile sind rar gesät.

Die Liste ließe sich weiter fortführen.

In puncto Verkehr und Mobilität können wir nicht einfach immer mehr Straßen und noch mehr Parkplätze bauen und denken damit sei das Problem gelöst.

Das dringend nötige Radwegenetz muss durch Sicherheit, Komfort und vor allem Durchgängigkeit glänzen. Diese wichtigen Bausteine lassen aber weiter auf sich warten.

Und wenn eine gute Idee von außen kommt, so wie den oberen Tegelweg in eine Fahrradstraße umzuwandeln, ist im nächsten Planungsschritt auf einmal doch wieder nur von PKW mitsamt Parkplätzen die Rede.

Hier muss endlich ein Umdenken stattfinden!

5. Der Ausbau der Fahrradwege in der Region geht nicht so schnell voran wie gewünscht, wo sehen Sie hier die Probleme?

Martina Denkner: Wir GRÜNE hatten ja unsere große Umfrage „Radalarm Bad Driburg“ schon im Frühjahr 2021 vorgestellt. Über 100 Punkte haben uns Bürgerinnen und Bürger damals genannt. 

Beispielhaft sei hier der fehlende Radweg nach Reelsen genannt, der wirklich nur im Schnecken-Tempo vorankommt. Oder die Situation an der Dringenberger Straße zwischen Lange Straße und Bäckerei Besche. Da weiß wirklich niemand, wo er mit dem Rad fahren soll und wo nicht. 

Oder die viel zu schmalen Radschutzstreifen an der Dringenberger Straße.

Oder die gefährliche Verbindung zwischen Reelsen und Alhausen.

Oder die wirklich sehr gefährliche Querung des Radwegs nach Herste beim Betonwerk OTB. Das ist aber nur eine Auswahl.

Noch schlimmer ist, dass auch aktuellste Planungen nach wie vor den Fokus zu sehr auf den PKW legen und dem Radverkehr substanziell zu wenig Raum geben. Negativbeispiel ist hier die Brunnenstraße, welche für etwa 3 Millionen Euro komplett neu gebaut wird. Radwege waren gar nicht erst vorgesehen, lediglich unzureichende und noch dazu viel zu schmale sogenannte „Radschutzstreifen“. Unser Antrag auf Einplanung von separaten Radwegen wurde deutlich abgelehnt.

Das ist alles andere als zeitgemäß. Eine Chance für ein besseres Radwegenetz wurde an dieser Stelle mindestens für die nächsten 20 Jahre zunichte gemacht. Lediglich ein paar Farbmarkierungen auf der Fahrbahn bringen eben leider sehr wenig.

6. Das neue Parkhaus am Bahnhof in Bad Driburg soll den Bahnhof aufwerten und die Leute vom Auto auf die Bahn umsteigen lassen. Rechtfertigen sich die Baukosten, ist das der richtige Weg?

Martina Denkner: Es ist verführerisch, beim Individualverkehr nur die Kosten zu betrachten, die fürs Auto anfallen. Die Kosten, die die Gesellschaft aufwenden muss, damit der Autoverkehr überhaupt funktioniert (Straßenbau, Klimafolgen, Unfallkosten plus Krankenhausbehandlung und Reha-Kosten etc.), blendet man leicht aus. 

Das ist aber die große Stärke des öffentlichen Personenverkehrs. Und so stehen wir GRÜNE voll hinter dem Park+Ride an der Brakeler Straße, denn das fördert den umweltschonenden Personennahverkehr.

Ob es allerdings ein ganzes Parkhaus sein muss, darf bezweifelt werden. Wir GRÜNE haben uns für einen Parkplatz eingesetzt.

Zumal das Parkhaus, da öffentlich gefördert, keine Einnahmen generieren darf, uns aber in Zeiten leerer Kassen laufend Ausgaben kosten wird, die wir anderswo dringender brauchen.

Von der Optik eines Parkhauses an einer der Hauptachsen unserer Stadt ganz zu schweigen.

Und eigentlich geht es doch darum, für den Steinberg endlich einen Zugang zum Bahnhof zu bekommen. Seit über 10 Jahren setzen wir uns gegen alle Widerstände dafür ein! Witzigerweise ist das sogar ein schwarz-grünes Projekt. Matthias Goeken und ich haben mehr als einmal telefoniert, um diese Chance für die Stadtentwicklung über alle Hürden zu bekommen. Als alles schon fix und fertig genehmigt war, musste dann doch noch ein Planer versuchen, alles wieder „auf Null“ zu stellen. Aber wir haben es gemeinsam geschafft, auch dieses Problem aus der Welt zu schaffen.

7. Bad Driburg lebt auch vom Tourismus. Wie wichtig sind die Wanderwege, der Kurpark und eine gute Klimapolitik für die Zukunft der Tourismusbranche in Bad Driburg.

Martina Denkner: Touristen wollen heute ein Naturerlebnis. Das zeigt die Region um den Nationalpark Eifel oder den Kellerwald am Edersee überdeutlich.

Beton und Stein haben die meisten Touristen schließlich selbst genug vor der eigenen Haustür.

Es gab Ansätze, diese Strategie in Bad Driburg auszuprobieren: am Steinberg sollte ein Gelände entsprechend entwickelt werden. Das ist leider zerredet worden.

Wir lassen uns aber nicht entmutigen! Unser Ziel bleibt: die Natur in und um Bad Driburg nachhaltig schützen und in Wert setzen. 

8. Neben dem Kurpark gab es die große Überlegung, was mit dem Eggeland Areal passiert. Wie sieht es aus mit den Fischteichen und dem sogenannten grünen Band in Bad Driburg?

Martina Denkner: Der Schutz und die Erhaltung des historischen Eggelandparks ist nach wie vor unser Ziel!

Das „Blaue Band“ wäre eine gute Ergänzung. Es soll ja am Katzohlbach entlang eine Wegeverbindung bis in die Stadt entstehen. Eine große Aufgabe: Teile des Baches sind überbaut! Aber an sich ist das eine sehr gute Idee. 

Allerdings ist es widersinnig, einen bestehenden Park zu zerstören und dann mit dem Argument „Da ist kein Park. Wir schaffen doch erst einen Park“ bestehendes Grünland mit hochwertigen Schilfbeständen in eine Wegeverbindung umzuwandeln. 

Um es noch mal klar und deutlich zu sagen: die Zerstörung des historischen Eggelandparks kann durch die Anlage eines neuen kleinen Parks auf einer Fläche, die bereits grün und unversiegelt ist, natürlich überhaupt nicht aufgewogen werden. 

9. Bad Driburg muss mit der Zeit gehen, es gibt viele Baustellen. Welche Themen müssen zwingend angegangen werden, damit Bad Driburg in eine blühende Zukunft starten kann?"

Martina Denkner: Für eine blühende Zukunft braucht es drei Dinge:

- Eine Umwelt, in der die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen sicher geschützt und behütet werden.
- Einen wirklich demokratischen und transparenten Dialog mit den Menschen darüber, was geht und was nicht geht.
- Geld.

Und wenn die beiden ersten Punkte schon schwierig sind, dann ist es das beim Geld umso mehr. Solange die Stadt freiwillig - und damit die Bürgerinnen und Bürger gezwungenermaßen - jedes Jahr 2 Mio. € in den Kurpark stecken, wird es finanziell zukünftig an allen Ecken und Enden nicht reichen. Eine verhängnisvolle Fehlentscheidung der Mehrheit des Rates!

Wichtige, möglicherweise lebensnotwendige Projekte werden so auf viele Jahre, vermutlich Jahrzehnte nicht umzusetzen sein.

- Ende

Wir danken Martina Denkner für die Beantwortung der Fragen!

Fragensteller: Tobias Kröger

 

 

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